28. November 2024
Mit ihrem Modellkonzept eröffnet die Franz-Binder-Verbundschule in Neckarsulm neue Perspektiven für Schülerinnen und Schüler. Ihr Modell integriert landesweit zum ersten Mal die Bildungsgänge der Realschule, der Gemeinschaftsschule sowie der Werkrealschule zu einer umfassenden Bildungslandschaft unter einem Dach. Auf diese Weise macht sich die Verbundschule unabhängig von den aktuellen strukturellen und schulpolitischen Veränderungen bzw. kann flexibel darauf reagieren. Für ihre Schülerinnen und Schüler schafft sie darüber hinaus ein zukunftsorientiertes Lernangebot, das sich an deren Bedürfnissen orientiert.
Die architektonische Umsetzung der Verbundschule durch a+r Architekten folgt dem Prinzip der Cluster, die Lernbereiche in offenen, flexiblen Räumen organisieren und so die Interaktion und das gemeinschaftliche Lernen unterstützen. Das Lernen in den Clustern fördert die Bewegung und bewegtes Lernen hilft beim Stressabbau und schafft eine bessere Lernatmosphäre.
„In enger und intensiver Zusammenarbeit mit den Pädagoginnen und Pädagogen der Verbundschule,“ so betont Florian Gruner, Architekt und Geschäftsführer bei a+r „haben wir das Raumkonzept der Schule stetig verfeinert.“ Dieses Fingerspitzengefühl und Engagement des in Stuttgart und Tübingen ansässigen Architekturbüros ist bei dem Schulgebäude in jedem Raum spürbar. In der neuen Verbundschule, dem größten Bauprojekt Neckarsulms, wurden die beiden bestehenden Gemeinschaftsschulen aus Obereisesheim und Amorbach mit der örtlichen Werkrealschule vereint und um einen Realschulzweig ergänzt. Seit der Schulgründung im Jahr 2020 war die Schule räumlich auf Interimslösungen angewiesen. Deshalb ist der Schulneubau sowohl für die Schülerinnen und Schüler als auch für die Lehrkräfte ein großer Meilenstein, der ihrer Schulgemeinschaft von künftig etwa 850 Menschen ein Zuhause und eine eigene Identität gibt.
Das Mensagebäude verbindet mit seinem zweigeschossigen Foyer den Haupteingang auf der Vorplatzebene mit der Mensa im Sockelgeschoss und dem angrenzenden Pausenhof. Eine großzügige Sitzstufenanlage als Herz der Schule und zentralem Aufenthaltsbereich dient der fest installierten Bühne in der Mensa bei Veranstaltungen als erweitertes Auditorium. Die großflächige Wandmalerei der Künstlerin Patricia London Ante Paris "Das Fliegende Foyer" ist eine gekonnte Reflektion des Raumes und verleiht ihm durch bunte skulpturale Objekte eine dynamische Bewegtheit. Ein direkter Ausgang führt von der Mensa aus ins Freie, sodass die Schülerinnen und Schüler bei gutem Wetter draußen essen können. Zudem ist die Mensa bei externen Veranstaltungen eigenständig über den Pausenhof zugänglich.
Neben der Mensa sind in diesem Gebäudeteil auch der Musikraum, die Schulleitung, der Konferenzraum sowie die Bibliothek und die Lüftungszentrale im Erdgeschoss untergebracht. Im Obergeschoss befinden sich weitere naturwissenschaftliche Fach- und Differenzierungsräume sowie die beiden Kunsträume mit direktem Zugang zur nutzbaren Dachterrasse.
a+r Architekten haben in enger Abstimmung mit den Pädagoginnen und Pädagogen der Franz-Binder-Verbundschule das Konzept der Cluster-Schule und der Lernlandschaften realisiert. Dieses setzt auf eine offene Raumstruktur, die flexible Nutzungsmöglichkeiten für eine individuelle Förderung der Kinder und Jugendlichen schafft. Insbesondere an einer Verbundschule sind diese Differenzierungsmöglichkeiten im Lern- und Lehralltag von essentieller Bedeutung. Im Clustergebäude sind je zwei Cluster, das heißt zwei Jahrgangsstufen, pro Geschoss verortet, wobei die Lernräume jeweils L-förmig an der Außenfassade entlanglaufen und sich das dazugehörige Lernatelier zum Lichthof hin öffnet. Eingestellte Coachingräume unterteilen die Lernbereiche und schaffen differenzierte Orte zum individuellen Lernen. Wie zum Beispiel die mit hölzernen Sitzstufen ausgestatteten Räume am Eingang jedes Clusters, die für Treffs, Diskussionen oder das Üben von Präsentationen genutzt werden können.
Eine „Schulstraße“ durchzieht das Clustergebäude entlang des Innenhofes, erschließt die verschiedenen Clusterbereiche und gewährt Einblicke in die Lernateliers. Die Klassen fünf und sechs befinden sich im Erdgeschoss, während die Jahrgänge sieben und acht im zweiten Stock untergebracht sind und die neunten und zehnten Klassen im obersten Stockwerk lernen.
Projekt: Franz-Binder-Verbundschule
Bauherr: Stadt Neckarsulm, Hochbauamt
Architektur: a+r Architekten, Stuttgart/Tübingen, www.aplusr.de
Bauzeit: Mai 2022 bis Februar 2024
Außenanlagen: Gänßle + Hehr Landschaftsarchitekten, Esslingen, www.gaenssle-hehr.de
Tragwerksplanung: matrix ingenieure, Stuttgart, www.matrix-ingenieure.de
BGF: 14.950 m²
BRI: 69.000 m³
Nutzfläche: 9.238 m²
Zertifizierungen: DGNB Gold, NBBW
Energiestandard: Jahres-Primärenergiebedarf unterschreitet EnEV um 35 %
Energieversorgungskonzept: Sporthalle städtisches BHKW, Schule Fernwärme und Photovoltaikanlage
Fotos: Max Leitner
Stuttgart, November 2024
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