Was mit wenigen Low-Budget-Projekten begann, basiert bis heute auf denselben Prinzipien: einfach, sinnvoll und ressourcenschonend bauen. Weder zu Beginn noch heute strebt das Büro nach einer wiedererkennbaren Formensprache. Vielmehr geht es um das Lesen des Ortes, um ein tiefes Verständnis für Maßstab, Topologie, Geschichte und Nachbarschaft. Der Kontext ist Kompass, nicht Kulisse. Die Projekte in Myanmar, bei denen a+r mit lokalen Handwerkern und Dorfbewohnern regionale Bauweisen weiterentwickelte, zeigen beispielhaft diese Haltung.
Ab Mitte der 1990er rückten städtebauliche Fragestellungen in den Fokus: Wie lassen sich öffentliche, halböffentliche und private Räume verweben? Wie können gute, urbane Außenräume entstehen, die soziale Durchmischung und eine offene Stadtgesellschaft fördern? Meilensteinprojekte im Wohnungsbau wie das Rosensteinquartier in Stuttgart, das als Modell für nachhaltige Stadtentwicklung steht, prägen die Ausrichtung und die Außenwahrnehmung des Büros. Hinzu kamen über die Jahre immer wieder Bildungsbauten mit ihren jeweils spezifischen Anforderungen. Ein charakteristisches Beispiel ist das Gymnasium mit Sporthalle und Jugendhaus in Frankfurt-Riedberg – ein großer Schulcampus für 1.350 Schülerinnen und Schüler, der durch das architektonische Konzept auf einen menschlichen Maßstab heruntergebrochen, Lernen, Bewegung und Begegnung miteinander verzahnt. Oder ganz aktuell der Bildungscampus Neufreimann in München: Mit zwei sechszügigen Schulen für rund 2.000 Kinder und Jugendliche, mehreren Sporthallen, einem Schulschwimmbad, einem Haus für Kinder, Mensa und großzügigen Freianlagen zählt er zu den derzeit größten und komplexesten Schulbauvorhaben der Stadt. Wie schon in Frankfurt-Riedberg wird auch hier ein umfassendes Raumprogramm in eine klare, nutzerorientierte Struktur übersetzt – funktional, städtebaulich präzise und mit dem Ziel, Bildung als sozialen Ort erfahrbar zu machen.
Die frühzeitig angestoßene Einbindung der nächsten Generation in die Führungsebene hat bereits lange vor dem endgültigen Rückzug der Bürogründer zur Etablierung der heutigen Geschäftsleitung beigetragen: Oliver Braun, Florian Gruner und Alexander Lange. Gemeinsam mit Walter Fritz, der von 2010 bis 2025 Partner bei a+r war, entwickelten sie das Büro von einem 20-Mann-Team zum heutigen Unternehmen weiter – mit einer bemerkenswerten Art und Weise zusammenzuarbeiten.