28. September 2020
Im neuen Kulturbahnhof Aalen, der vom 2. – 4.10. feierlich eröffnet wird, begegnen sich Aalener Industriegeschichte und die Architektur des 21. Jahrhunderts. a+r Architekten ist es gelungen, die historischen Gebäudefragmente auf dem „Stadtoval“ mit viel Gespür in die Architektur der Gegenwart zu integrieren und – so der Wunsch der Stadt Aalen – einen Ort mit überregionaler Strahlkraft zu schaffen.
Einen „Leuchtturm für den Bereich Kultur und Kreativität“ wünschte sich die Stadt Aalen auf dem heute als "Stadtoval" bezeichneten Gelände, das in der Vergangenheit als Gleisareal der Bahn und später von einem Baustahlbetrieb genutzt wurde. Im Rahmen dieser bedeutenden innerstädtischen Stadterweiterung nimmt der „Kulturbahnhof“ eine zentrale Stelle ein: das Gebäude soll nicht nur die vielfältigen kulturellen Einrichtungen sowie Gastronomie der Stadt beherbergen, sondern auch in der gesamten Region eine große Strahlkraft entfalten.
Nachdem a+r Architekten im Jahr 2015 in dem nicht offenen Wettbewerb auf Platz 1 kamen, erfolgte die Realisierung im Zeitraum von 2018 bis 2020. Vom 02. bis zum 04. Oktober wird das Gebäude im Nordwesten des Aalener „Stadtovals“, das nun ein Kino, Theater, die Musikschule sowie hochwertige Veranstaltungsräume beziehungsweise Säle für Kulturevents beherbergt, feierlich eröffnet.
Die in weiten Teilen zerstörte Fassade wurde stilisiert in eingefärbtem Sichtbeton ersetzt. Dort, wo es möglich war, bemühten sich die Architekten darum, den historischen Charakter wieder zu beleben. So wurde an den entsprechenden Stellen die Sandsteinfassade von Steinmetzen ergänzt und repariert. Durch die glatteren Oberflächen der neuen Sandsteine wurde die Ergänzung bewusst als solche sichtbar belassen. Nach historischem Vorbild wurden auch die Dächer der kurzen Quergiebel wiederaufgebaut. Ganz anders behandelten a+r Architekten den Längsgiebel. Dieser wurde durch einen langen, mit gefaltetem Lochblech verkleideten Quader ersetzt, welcher den räumlichen Bezug zu den städtebaulichen Kanten der südlich angrenzenden Nachbarschaft herstellt. „Im Gegensatz zur historischen Sandstein-Fassade, die ornamental handwerklich und massiv wirkt, ist der aufgesetzte Quader schlicht und zurückhaltend. Durch die halbtransparente Lochblechfassade scheint das Volumen des Quaders durch, es entstehen Assoziationen an einen tuchartigen Vorhang ebenso wie an zeitgenössische Industriearchitektur“, beschreibt der Projektleiter die Entwurfsidee.
Die historische Fassade bildet die Hülle eines großzügigen Raumangebotes. In diesen vollständig entkernten Raum wurden neue Boxen eingestellt, die den Raum für unterschiedliche Nutzungen zonieren. Diese Boxen tragen und steifen auch das neue Tragwerk aus. Die großen Säle beziehungsweise die öffentlichen Nutzungen befinden sich im Altbau. Im aufgesattelten Neubau, dem Quader, liegen die Räume der Musikschule und der Theaterwerkstätten. Diese "dienenden" Räume der Kulturproduktion und der Ausbildung überwölben sinnbildlich die Schaubühnen für das kulturinteressierte Publikum. Wichtig war es den Architekten, mit historischen Komponenten wie Materialien, Befensterung und sichtbarer Dachkonstruktion ein authentisches und eigenständiges Ambiente für die unterschiedlichen Kulturstätten zu gestalten. „Das gesamte Material- und Gestaltungskonzept orientiert sich an der Entwurfsidee, die Industriearchitekturen des 19. und 21. Jahrhunderts auf vielfältige Weise miteinander in Beziehung zu setzen“, so Hellmut Schiefer.